Bei der Heilung von psychischen Erkrankungen muss man viel Geduld haben. Allein das Finden der richtigen Therapie ist oft ein langer Weg. Das Warten auf Therapieplätze ist frustrierend und kostet Lebenszeit. Meine Erfahrung mit Medikamenten waren sehr ernüchternd und ich habe diese nur kurzzeitig genommen.
 
Erst mit dem Wissen über Entwickungstrauma habe ich meinen Weg und meine Therapien gefunden. Der Weg der Heilung verlief bei mir wellenförmig bergauf. Es gab immer wieder Rückschläge und auf der anderen Seite tolle Zustände, die ich nicht lange halten konnte. Heute kann ich sagen, der Weg hat sich gelohnt, mein Leben macht wieder Sinn und Freude. Ich bin ein anderer Mensch und entdecke mich jeden Tag in meiner neugewonnenen Lebendigkeit. Es gibt immer noch Ängste und ich habe so meine Themen, die sind aber nix im Vergleich zu früher und ich bin optimistisch auch das noch lösen zu können.

 

Hier findet ihr ein Auflistung von Dingen, die mir auf meinem persönlichen Weg sehr geholfen haben:

Traumakompetenz

Der erste Schritt, ist erstmal das Erkennen des eigentlichen Problems. Wir versuchen immer die Symptome wegzumachen, die eigentliche Ursache wird dabei oft ignoriert. Heute weiß man, dass die meisten psychischen Erkrankungen und auch viele körperliche Leiden ihren Ursprung in den ersten Lebensjahren haben. In dieser Zeit entwickelt sich unser Nervensystem und es werden die Grundlagen für das weitere Leben gelegt. Viele Wissenschaftler und Traumatherapeuten behaupten mittlerweile, dass wir alle mehr oder weniger traumatisiert sind. Dabei geht es in den wenigsten Fällen um Schocktrauma, sondern um Entwicklungs- bzw. Bindungstrauma.

 

Das Wissen darüber, ist unendlich wertvoll und war für mich der erste und entscheidene Schritt in Richtung Heilung. Ich habe mich nicht mehr so falsch gefühlt und mehr und mehr erkannt, welche Therapien hilfreich sein werden und welche nicht. In meiner Literatueliste findest Du empfehlenswerte Bücher zum Thema. Mit den Schlagworten Entwicklungstrauma oder Bindungstrauma findest Du im Internet die passenden Informationen.

Körperorientierte Traumatherapie

Trauma steckt immer im Körper, der Körper ist deshalb auch der Weg der Heilung. Ziel ist es, die Übererregung im Nervensystem zu regulieren und damit die Fähigkeit zur Selbstregulation zu erhöhen. Ich persönlich empfehle Verfahren, die sich an der Polyvagal-Theorie von Stephen W. Porges orientieren, z.B. Somatic Expierence, NARM®, SEI® oder TRE®.

 

Mir hat TRE® sehr gut geholfen und ich praktiziere es regelmäßig – es ist einfach und effektiv. TRE® ist die Abkürzung für Tension & Trauma Releasing Excersises. Dies sind einfache Körperübungen zur Aktivierung eines natürlichen Selbstregulationsmechanismus des Körpers – das neurogene Zittern. Mich hat das so überzeugt, dass ich die Ausbildung zum TRE®-Provider gemacht habe.

 

Nach den Sitzungen fühle ich eine tiefe Entspannung, die ich auf anderen Wegen so nicht erreiche. Mein Körper zittert recht heftig und die Bewegungen verändern sich auch im Laufe der Zeit. Ich lasse meinen Körper einfach zittern, er weiß was richtig ist. Durch die Übungen habe ich das Gefühl, dass irgendetwas von mir abfällt. Ich beginne meinen Körper mehr zu spüren und fühle mich viel entspannter. Die ganze Wahrnehmung der Welt verändert sich.

Über meine Erfahrungen zu TRE® schreibe ich in diesem Artikel.

Sich mitteilen und sichtbar werden

Ja, das mache ich ja jetzt mit dieser Webseite 🙂

Es geht aber vor allem darum, dies in echtem zwischenmenschlichen Kontakt zu tun. Dies war am Anfang für mich eine große Überwindung und ich hatte Angst davor. Ich lerne jetzt nach und nach, dass Beziehungen zu anderen Menschen etwas Gutes sind und dass Vermeidung in eine Sackgasse führt. Im Hinterkopf habe ich immer: Bindungstrauma entsteht im Beziehungskontext, eine Heilung ist nur durch neue Erfahrungen im Kontakt mit Menschen möglich.

Als sehr hilfreich empfinde ich das Konzept der lokalen Gruppe nach Gopal. Ich habe lange Zeit selbst eine solche Gruppe geleitet und dadurch kam richtig was in Bewegung. Es ist ein geschützter Rahmen, in dem wahrer Kontakt mit Menschen möglich ist.

In diesem Artikel schreibe ich über meine Erfahrungen: Ehrliches Mitteilen in der lokalen Gruppe

Seminare besuchen

Im Laufe der Zeit habe ich immer mehr die Zuversicht in Bezug auf herkömmliche Gesprächs-Therapieverfahren verloren. Die vielen Gespräche mit Therapeuten haben mir sehr geholfen, mich besser zu verstehen. Aber wirklich geholfen haben sie nicht. Es scheiterte meist an der praktischen Umsetzung. Wenn Erkenntnis ausreichen würde, dann wären wir wohl alle schon geheilt.

 

Ich habe also irgendwann damit begonnen, Seminare zu besuchen. Ein Selbsterfahrungsseminar nach dem anderen, mein Terminkalender war voll davon. Auf den Seminaren fand ich einen sicheren Rahmen, um neue Dinge praktisch auszuprobieren. Ich lernte viele Menschen kennen, die die gleichen Themen haben und es entstand schon dadurch ein großes Gefühl der Verbundenheit.

 

Ich empfehle vor allem körperorientierte Seminare. In den Körper zu kommen und sich überhaupt erstmal wieder richtig zu spüren, das war für mich ein sehr wichtiger Schritt. Auch Seminare zu den Themen Kontakt und Grenzen sind sehr wertvoll. Beziehung wird erst entspannt möglich, wenn man sich selbst und seine Grenzen gut spürt. Der Umgang mit Gefühlen ist ein weiterer wichtiger Punkt. Für die Heilung von Depression ist vor allem der Zugang zu den Wutgefühlen wichtig. Depression ist unterdrückte Wut. Wenn diese Wut ans Tageslicht gekommen und angenommen ist, dann ist man nicht mehr depressiv. Mir war lange Zeit nicht bewusst, wie sehr ich in all den Jahren meine Gefühle weggedrückt habe. Sie waren in meiner Wahrnehmung nicht mehr vorhanden. Das Gefühl ‚Wut‘ kannte ich gar nicht. Schreien ging nicht, nicht einmal wenn sicher war, dass mich niemand hört.

 

In den Seminaren wurde all das ans Licht gebracht, was ich über Jahre hinweg in mich hineingefressen habe. Es flossen viele Tränen. Traurigkeit über das verpasste Leben, Schuldgefühle, Scham – alles dabei. Manchmal war das sehr heftig, aber ich bin sicher, dass daran kein Weg vorbeiführt. Jedes Seminar hat mich einen kleinen Schritt weiter vorangebracht. Ich habe Dinge getan, die außerhalb meiner Komfortzone lagen. Ich würde es aber immer wieder so tun, denn diese Erfahrungen haben mir auf meinem Weg sehr geholfen.