Aufgrund meiner eigenen Themen konnte ich vielleicht nicht die Mutter sein, die ich hätte sein können. Ich bin sehr sensibel dafür, wie es meinen Kindern geht. Wenn ich beispielsweise mitbekomme, dass mein Kind in der Schule gemobbt wird, dann springt bei mir sofort etwas an. Ich bekomme starke Schuldgefühle. Ich sehe mich dann immer selbst und mache mir Sorgen um die Zukunft meines Kindes. Ich kann mich sehr gut in mein Kind hineinversetzen und leide mit. Eine Zeitlang war das ganz schlimm. Ich fühlte mich dann in der Mutterrolle als Versager. Entweder neigte ich zu Überreaktionen, weil ich es wieder gut machen wollte, oder die Situation wurde zum Auslöser für ein neues Tief.
In der Therapie habe ich gelernt, dass das völliger Quatsch ist und überhaupt nicht hilfreich. Es ist niemand schuld, das ist einfach das Leben. Es gibt keine perfekten Eltern. Wir tuen in der Regel alle das bestmögliche für unsere Kinder und trotzdem läuft nicht alles wie geplant. Wenn Eltern Schuldgefühle haben, dann merken das die Kinder bewusst oder unbewusst. Mit Überreaktionen geben wir der Sache Energie. Das Kind verfestigt sich dadurch nur noch mehr in seiner Rolle und wir machen alles unbewusst nur schlimmer. Viel besser ist es, selbst gesund zu werden, denn starke Eltern bedeutet gleichzeitig auch starke Kinder.
Das ist auch eine Art generationenübergreifendes Muster. Meine Mutter hat Schuldgefühle gegenüber mir, ich habe Schuldgefühle gegenüber meiner Kinder usw. Dieser Kreislauf endet erst, wenn man sein eigenes Trauma geheilt hat.
Mir fällt es trotz dieser Erkenntnisse immer noch schwer. Manchmal kommen noch Schuldgefühle, egal ob ich es will oder nicht. Ich sehe das dann als eine Art Motivation, mich selbst zu heilen. Das mache ich dann nicht nur für mich, sondern auch meine Kinder.
Seinen Eltern die Schuld für das eigene Leid zu geben, ist natürlich genauso destruktiv. Die Eltern haben ihre eigene Geschichte aus der Kindheit und sind deshalb so geworden, wie sie sind. Im Prinzip ist es das gleiche Problem, nur in die andere Richtung gedacht. Es gibt auch hier keine Schuld. Verurteilt man seine Eltern, dann leiden diese in der Regel darunter. Man selbst fällt in die Opferrolle. Hier gilt es Selbstverantwortung für das eigene Leben zu übernehmen, nur damit kommt man voran. Das Bohren in der Vergangenheit hat wenig Sinn, man kann eh nichts mehr daran ändern.