Hilflosigkeit

Ich war während der letzten Jahre immer hoch motiviert und wollte nichts unversucht lassen, um endlich gesund zu werden. Manchmal habe ich aber gemerkt, dass es zu viel für mich wird. Viel Tun und Ausprobieren bedeutet nicht zwangsläufig, schnelle Besserung.

 

Ich besuchte diverse Kurse und Workshops zu allen möglichen Themen: Selbstwert, Perfektionismus, Achtsamkeit und vieles mehr. Dabei habe ich immer wieder Neues gelernt, aber wirklich weitergebracht hat es mich nicht. Für eine Heilung reicht Wissen und Selbsterkenntnis leider nicht aus. Der Knackpunkt ist, dass man in der Lage sein muss, die vorgeschlagenen Dinge auch praktisch umzusetzen. Und genau da lag mein Problem.

 

Meist waren diese Kurse in der Gruppe und es ging um gegenseitigen Austausch. Mir ist es nie wirklich gelungen, mich in die Gruppe einzubringen. Ich hatte Angst, stand unter großem Stress und hatte immer das Gefühl: Ich gehöre nicht dazu. Oft war es eine Überforderung und der Beginn eines neuen Tiefs. Es braucht eine gewisse Grundstabilität für solche Sachen und diese hatte ich oft nicht. Es heißt ja immer: ‚Man soll sich seinen Ängsten stellen‘ – wenn dazu aber die Ressourcen fehlen, dann kann das nach hinten los gehen.

 

Heute weiß ich, dass ich zu früh an der falschen Ebene angesetzt habe. Wenn man traumatisiert ist, dann sind bestimmte Ressourcen blockiert. Insbesondere die Fähigkeit zur sozialen Interaktion ist eingeschränkt – Stichwort: Polyvagal-Theorie. Das Problem liegt auf körperlicher Ebene im Nervensystem. Man kann sich zwar vornehmen: ‚jetzt gehe ich in Kontakt mit Menschen‘, es funktioniert aber nicht. Es ist wie eine Blockade und man fühlt sich sehr hilflos. Besonders frustrierend wird es, wenn man von gesunden Menschen gesagt bekommt, wie einfach das doch alles ist und das es gar kein Problem gibt.

 

Erst durch Traumatherapie hat sich meine Wahrnehmung der Welt und von anderen Menschen verändert. Dieses Gefühl: ‚Es geht einfach nicht, mich blockiert irgendetwas, ich bin Anders‘ – das verschwindet so langsam. Das Problem ist jetzt nur noch die Angst, die sich über viele Jahre entwickelt hat. Dieser Angst kann ich mich jetzt stellen, denn die Fähigkeit zur sozialen Interaktion ist durch die Traumatherapie wieder freigelegt. Es ist nicht mehr so hoffnungslos und ich merke, dass es Schritt für Schritt bergauf geht 🙂