Lange Zeit habe ich nicht gemerkt, dass irgendetwas in meinem Leben nicht stimmt. Ich habe alle Gefühle weggedrückt und war innerlich wie tot. So richtig bewusst ist mir das aber erst in den letzten Jahren geworden. Mein Körper hat schon lange vor meinem Zusammenbruch Signale gesendet, ich habe sie aber nicht gehört.
Rückenschmerzen
Angefangen hat es mit Rückenschmerzen. Ich war beim Orthopäden. Der hat festgestellt, dass ich ein extremes Hohlkreuz und eine schlechte Körperhaltung habe. Er sagte mir, dass es nicht mehr lange dauert, bis ich meinen ersten Bandscheibenvorfall habe. Ich soll mich mehr bewegen und Sport treiben. Das habe ich nicht durchgehalten, denn ich hasse Sport. Schon als Kind hatte ich im Sportunterricht meine schlechteste Note.
Chronische Entzündungen
Vor etwa 15 Jahren hatte ich über mehrere Jahre hinweg immer wiederkehrende Mandelentzündungen. Ich habe viele Antibiotika geschluckt, aber kaum hatte ich aufgehört, kam die nächste Entzündung. Irgendwann haben die Antibiotika nicht mehr gewirkt und ich habe mich operieren lassen. Danach war an dieser Stelle Ruhe. Kurze Zeit später hatte ich chronische Nasennebenhöhlenentzündungen und nahm wieder Antibiotika. Für meinen HNO-Arzt gab es keine erkennbare Ursache, ich hatte keine Allergien, keine Polypen und die Zähne waren in Ordnung. Meine Schleimhaut war aus irgendwelchem Grund dauerhaft entzündet. Auch hier habe ich mich operieren lassen. Die Entzündungen hörten auch danach nicht auf.
Nervenschmerzen
Nach der Nasennebenhöhlen-OP hatte ich unerträgliche Nervenschmerzen in der linken Gesichtshälfte. Es folgte ein gefühlt endloser Ärztemarathon: Neurologe, HNO, Schmerztherapie, immer wieder MRT und CT. Ausgeschlossen wurde eine Verletzung des Gesichtsnervs und ich bekam viele Medikamente. Die Schmerzen aber blieben, sämtliche Schmerzmedikamente waren wirkungslos. Tagsüber waren die Schmerzen dauerhaft da und keiner konnte mir helfen. Komisch war, dass ich nachts fast nie Schmerzen hatte. Irgendwann musste ich Protokoll schreiben und es stellte sich ein Zusammenhang zwischen erhöhtem Stress und erhöhter Schmerzintensität dar. Zu dieser Zeit hatte ich auch schlimme Depressionen und ich bekam letztendlich die Diagnose atypischer Gesichtsschmerz. Die Schmerzen galten als psychosomatisch.
Mir wurde nach und nach klar, dass meine Schmerzen ein Notruf meines Körpers sind. Ich war schon jahrelang depressiv, habe das aber nicht wahrgenommen und für ’normal‘ gehalten. Die Signale meines Körpers waren irgendwann nicht mehr zu überhören. Zu dieser Zeit ging es mir sehr schlecht. Nach einem Reha-Aufenthalt in einer psychosomatischen Klinik hatte ich dann die Diagnosen: psychosomatische Schmerzerkrankung, chronische Depression und soziale Phobie.
Heute, nach fast 4 Jahren Therapie, sind meine Beschwerden deutlich zurückgegangen. Der Gesichtsschmerz meldet sich nur noch selten und ist dann auch meist schnell wieder weg. Meine Nasennebenhöhlen sind nicht gesund, aber es gibt schon seit längerer Zeit keine akuten Entzündungen mehr. Ich höre jetzt mehr auf meinen Körper und bin sehr sensibel für Signale geworden. Ich sehe auch immer mehr Zusammenhänge zwischen Körper und Geist.
Chronische Verspannungen
Bestes Beispiel sind meine dauerhaft verspannten Schultern und der Nacken. Ich gehe schon seit Jahren regelmäßig zur Physiotherapie. Die Maximalanzahl von Rezepten ist immer ausgereizt. Die Massagen haben nur einen kurzen Effekt. Schon Tage später ist wieder alles verspannt und tut weh. Ich sehe hier einen deutlichen Zusammenhang zu meiner innerlichen Anspannung. Mir ist es mehr und mehr bewusst, wie sehr ich im Alltag die Schultern hochziehe. Meist ist dies der Fall, wenn ich intensiv grüble oder in angstbesetzten Situationen bin. Mir ist klar geworden, dass die Verspannungen erst nachlassen werden, wenn sich meine psychischen Probleme gelöst habe.
Im Nachhinein erklärt sich für mich auch, warum ich gerade diese Symptome entwickelt habe.
- Bei Traumatisierten ist gewöhnlich der Psoas-Muskel dauerhaft angespannt. Dies könnte die Ursache für mein Hohlkreuz sein.
- Ich mag keinen Sport, weil ich die Beziehung zu meinem Körper komplett verloren habe (traumabedingte Dissoziation).
- Die Nasennebenhöhlen stehen symbolisch für ‚die Nase voll haben‘
- Schmerzen im Gesicht steht vielleicht für das Verstecken von Gefühlen und die Masken die man so herumträgt.
- usw.